Das Sammeln
(und das Katalogisieren) von Tellern ist einfach – das ist eine Sache des Dekors. Es gibt nur wenige Formvarianten ( rund oder eckig,
tief oder flach, die Fahne gerade, konkav oder konvex, der Rand glatt oder 'verziert') und einige unterschiedliche Größen (selten sechs, häufig nur eine). Die Gebrauchsmöglichkeiten von
Preßglastellern sind begrenzt, zumal wenn sie aus der Zeit vor der Erfindung hitze- oder feuerbeständigen Materials stammen. Und unsere Eßgewohnheiten, Tischsitten
und Speisen haben sich in den letzten zweihundert Jahren auch nicht wesentlich verändert. Oder vielleicht doch!?
Wenn man die Formenvielfalt bei den Schüsseln und Schalen betrachtet: rund, oval, eckig und
vielfältige Mischungen incl. der Bearbeitungen nach Herausnehmen aus der Form; mit oder ohne Standring; mit drei, vier oder mehr Füßen; mit Griffen; mit Henkel; mit zwei, drei oder
vier Unterteilungen ... und vieles davon in sechs verschiedenen Größen (so auch noch Wagenfelds "Greifswald"-Schüsselsatz), dann möchte man meinen, das Essen sei früher einmal
eine komplizierte Angelegenheit gewesen. Da ist es ganz instruktiv, wenn man in einer älteren Ausgabe von Henriette Davidis' "Original-Kochbuch für die einfache und reiche Küche ...nebst
einem Jahres-Speisenzettel von derselben" blättert. Für ein neungängiges "Abendessen im Februar, März, April" bedurfte es schon einer üppigen Zahl von kleineren und größeren
Behältnissen, und noch reichhaltiger waren die "Gabelfrühstücks" in der gleichen Jahreszeit. Nur: Wer solches servierte, tat das nicht auf Preßglas. Wer Preßglas kaufte, servierte am 23.
Oktober ("Speisenzettel (einfacher Mittagstisch)") einen "warmen Schokoladen=Pudding mit Vanillesauce" als 3. und letzten Gang auf einem Dessertteller aus Vallérysthal oder Ehrenfeld.
Vielleicht war ja die Hausfrau so wagemutig und hat den noch heißen Pudding vorher – je nach Größe der Familie – in eine Glaschale Nr. 1, 2 oder 3 gegossen, auch wenn sie laut
Katalog "Kompott- oder Salatschale" hieß. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß unsere Preßglasfamilie die ganze Palette an Schüsseln und Schalen aus Preßglas ganz unten im
Küchenschrank oder im Vertiko in der guten Stube gestapelt hatte. Das gehörte sich so.
Man weiß auch aus Preßglaskatalogen oder Spezialkatalogen, daß die Glashütten immer schon
für den gewerblichen Gebrauch produziert haben: für Bäckereien, Konditoreien, Gasthäuser, Restaurants, Cafés. Wie sonst hätte Portieux 156 verschiedene Salznäpfe und 79
verschiedene Senfgläser mit Deckel los werden können.
Das Sammeln von Preßglas-Schüsseln und –Schalen ist eine unendliche Geschichte.
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