"Mäander und Sonnentau"
hieß das Muster in der Familie. Das flüsterten –
der Verkäufer sollte nicht merken, daß Vater interessiert war - die Kinder mir zu, wenn sie an einem Stand auf dem Trödelmarkt etwas gesehen hatten. Das war die Bezeichnung für
Dessertteller für ein zehnpersoniges Essen zu Hause, auch wenn das hinterher Handabwasch bedeutete. In den 25 Jahren meines Glassammelns und ziemlich regelmäßiger
Flohmarktgänge gab es nur wenige Male, an denen mir "Mäander und Sonnentau" nicht begegnete. In den 25 oder 30 Jahren, in denen dieses Dekor produziert wurde, müssen
Zehntausende von Stücken davon in Berlin verkauft worden sein. Und Tausende müssen den Krieg, Wohnungswechsel, Nachlaßstreitereien überstanden haben. Es gibt kaum ein Design, das
einen solchen "Wiedererkennungswert" hat. Die Faszination, die davon ausgeht, hat auf die Käufer vor hundert oder neunzig oder siebzig
Jahren wahrscheinlich genau so gewirkt wie heute auf Preßglaß-Sammler, und die Formenvielfalt schreit geradezu nach Nachkaufen, nach Komplettierung.
Und weil ich so viel davon habe, und weil ich so entzückt war, als endlich nach einem
Vierteljahrhundert heraus kam, wer der Hersteller war – Herrn Feistner aus Großkoschen sei Dank –, stehen die Produkte der Gebrüder von Streit, Glaswerke in Hosena-Hohenbocka bei
Hoyerswerda am Anfang von Kapitel 1, 2, 3 und 4.
Andere Ordnungskriterien? Nach Alter oder Herkunft ging ja nicht, da ich von den meisten
Stücken weder das eine noch das andere wußte. Also habe ich versucht Dekorfamilien zusammenzuführen: Mäander, dann naturalistische Motive und wieder zurück zu den
geometrischen Dekoren. Und Platz für Neuerwerbungen mußte ja auch noch sein...
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