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Das bis heute von Baccarat verwendete Markenzeichen – eine Karaffe umgeben von einem
Weinglas und einem Becher, im Kreis, überschrieben mit BACCARAT - wurde
im Oktober 1860 beim Pariser Handelsgericht registriert (Sautot, 47f). 1875, unmittelbar nach der Einführung des deutschen Markenschutzgesetzes, wurde das Zeichen in Deutschland angemeldet, 1894 (Novellierung des
Gesetzes) noch einmal. Vermutlich wurde es in England ebenfalls angemeldet, denn in den 80er Jahren erschien es regelmäßig in der Pottery Gazette. Bis weit ins 20. Jahrhundert
begnügte sich Baccarat mit einem kleinen Aufkleber auf seinen Produkten, so wie es in den "Observations générales" des Katalogs von 1893 vermerkt ist: "Tous les articles de la
fabrication de Baccarat portent une étiquette Marque de Fabrique. Le type de cette étiquette figure sur chaque page du tarif." (S. 301). Erst in den 20er Jahren wird die Fabrikmarke
eingeätzt, zunächst nur auf Parfümflacons, seit 1936 auf alle anderen Produkte.
Wie bei anderen französischen Hütten, St. Louis, Vallérysthal und Portieux, Bayel, La Rochère z. B., und im belgischen Val St. Lambert
gibt es/ gab es daneben noch ein weiteres "Markenzeichen", nämlich den Firmennamen, reliefiert in das Produkt eingepreßt, häufig in Verbindung mit "FRANCE" oder "DÉPOSÉ" oder beiden. In allen Fällen geschah das bei
Preßglasartikeln. Bei Baccarat wurde dieses Verfahren 1875 eingeführt (Sautot, S. 48). Eine kürzlich bei eBay angebotene
Marienbüste, die – nach Auskunft von Baccarat – seit 1876 hergestellt wurde, war gemarkt mit "BACCARAT DÉPOSÉ". (S. MB 1893, S. 49, "Buste Vierge, No. 4871 A").
Wahrscheinlich hat St. Louis um etwa dieselbe Zeit dieses Verfahren ebenfalls eingeführt, der
Briefbeschwerer mit Löwenskulptur (vgl. MB Baccarat 1893, S. 58 "Presse papiers No. 4917 A" ), der aus den 1870ern stammen könnte, trägt das Schriftzeichen "St. LOUIS" unter der Fußplatte.
Merkwürdigerweise erwähnt Sautot kein Registrierungsdatum für diese Marke; und ebenso
merkwürdig ist, daß Baccarat selbst in dem Katalog von 1893 nur das Etikett mit der Fabrikmarke für erwähnenswert hält. (Ich gehe mal davon aus, daß Teller 1.150 mit der
"Marke" tatsächlich aus dieser Zeit – oder eher davor – stammt). Vermutlich handelt es sich
nicht um ein "Markenzeichen", sondern um ein "Musterzeichen", und sollte darauf hinweisen, daß Form und Dekor zum Musterschutz angemeldet waren. "DÉPOSÉ", falls vorhanden,
entspräche dann dem auf Preßglas deutscher Provenienz gelegentlich zu findenden "Ges. gesch.", "M. S." oder "Musterschutz", auf österreichisch-böhmischen Gläsern "deponiert".
Möglicherweise war in dieser Hinsicht das französische Muster-schutzrecht ähnlich wie das englische, daß nämlich eine "Kennzeichnungspflicht" bestand,sobald die Ware zum
Musterschutz angemeldet war. In Deutschland und Österreich waren Hinterlegung und Registrierung des Musters entscheidend, ein Hinweis auf Musterschutz findet sich meist nur in den Musterbüchern und Katalogen.
Der Grund, weshalb Baccarat (und vielleicht auch St. Louis) in den 1870ern diese Markierung
eingeführt hat, ist mir nicht bekannt. Die französischen Musterschutzgesetze existierten schon viel länger (1793, 1806, 1825) und waren sehr viel älter als die englischen ("Designs Act",
1842) , österreichischen (seit 1859) oder deutschen (seit 1876).
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